Zeugnis – verschlüsselte Formulierung

Zeugnis – verschlüsselte Formulierung

Zeugnis – verschlüsselte Formulierung

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2011 – 9 AZR 386/10 –

Nach § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis darf gemäß § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (Grundsatz der Zeugnisklarheit).

Die Beklagte erteilte dem Arbeitnehmer folgendes Zeugnis:

„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte.

Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“

Der Kläger wandte sich gegen die Formulierung „kennen gelernt“ und vertrat die Auffasssung, diese Formulierung werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe.

Die Revision des Klägers war vor dem BAG ohne Erfolg. Die im Zeugnis der Beklagten enthaltene Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, erweckt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Jan Weller

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